Samstag, 05.04.2003  VfB Leipzig gegen FC Sachsen Leipzig  0:3 (0:0)

 

Jede Menge Leute wurden heute zum Derby-Rückspiel dieser Saison im VfB-Stadion an der Connewitzer Straße erwartet, und jede Menge Leute hatten sich dazu im Vorfeld mit der Absicherung zu befassen. Vieles davon gelang, es kam zu keinen nennenswerten Krawallen oder gar Ausschreitungen. Einiges aber wurde wie so oft bei derartigen Events übertrieben, und mit ein paar Details konnte man als vereinstreuer Anhänger überhaupt nicht einverstanden sein…

Man war fast zwei Stunden vor dem geplanten Anpfiff am Stadion, hatte bis zum Eingangsbereich schon zwei polizeiliche Vorposten unbehelligt passiert und an der Kasse seine Edel-Programmhefte zum Preis von je 3,91 DM (= 2 €) käuflich erworben. Die Karten hatte man sich im Vorverkauf gesichert und den Topzuschlag von 2 € notwendigerweise akzeptiert. Es dauerte noch etwas, bis der Rest der heutigen Crew von Locomotion eintraf und so konnte man alles in Ruhe beobachten. Überall marschierten gut gepolsterte Cops in kleinen Eingreiftrupps durchs Gelände, Videowagen und Berittene sollten die Hauptstraße sichern und oben kreiste mit ohrenbetäubendem Lärm ein Heli. Viertel vor eins summierten sich fast schlagartig die anstehenden Besucher am Einlass, man reihte sich flugs ein. Unser Rest vom Fanclub samt Bannertuch hatte sich jetzt auch eingefunden und nach gut 20 Minuten Wartezeit passierte man die Security-Kette, um gleich anschließend von den Cops nochmals einer Leibesvisitation unterzogen zu werden. Es war 13.07 Uhr. Die Angabe ist deshalb von Bedeutung, weil sich ein findiger Oberkopf im Leipziger Ordnungsamt dazu veranlasst sah, per Verordnung ab 13 Uhr keine Transparente und Fahnen mehr ins Stadion gelangen zu lassen. Nur, von dieser Regelung wussten weder wir noch Fanrat was, und da die Leute am Einlass partout nicht ihren sicheren Beamtenjob riskieren wollten, gab es auch nach verschiedenen Interventionen aus unseren Reihen (Antje, UKW) keinen Einlass für die Loco-Fahne.

Hier wurde das Augenmaß völlig außer acht gelassen, im Gegenteil werden mit solch unsinnigen Verordnungen sicher keine olympischen Ideale unter den vielen friedlichen Fußballanhängern gefördert!

Dies trübte natürlich unsere Vorfreude auf das Derbymatch, wollte man doch als heutiger Tribünenbesucher richtig Flagge zeigen. Man saß extra in der ersten Reihe, um besonders für die Bilderfassung bestens gerüstet zu sein. Dazu gab’s Gerätschaften mit Chip, Scheibe und Zelluloid, die man sich in geordneter Reihenfolge umhang – jeder gab sein Bestes. Selbst der Web-Doktor von „wm2006-leipzig.de“ hatte sich neben uns diesen exzellenten Fotografen-Standort gesichert.

Und die Intros hatten es dann auch in sich. Punkt 14 Uhr präsentierten die Infernos auf der Gegengeraden eine saubere Rollen-Choreo, davor prangte in leuchtendem Gelb auf Blau „100 Jahre Deutscher Meister! 110 Jahre Leipzigs Nr. 1!“ .Auch die Leutzscher im ca. 1.600 Mann starken Gästeblock rollten ihr grünweißes Material zur selben Zeit aus, vor dem Schriftband „Pass, Kopfball, Tor, 1:0 – Macht’s noch mal Jungs!“ – nur die Mannschaften ließen noch auf sich warten, der Sprecher sprach von 10 Minuten Verzug wegen der angespannten Kassenlage oder so. Endlich liefen die Spieler auf den grünen Rasen, die Kameras surrten – es wurde ernst.

Anfangs agierten beide Teams vorsichtig, nur hinten sicher stehen, war erst mal die Devise. Womit man schon bei unserer heutigen Formation ist, Trainer Schößler hatte gewaltig umgestellt und Abwehrrecke Jörn Lenz gleich ganz auf der Bank gelassen, im Testspiel gegen Aue (0:4) spielte er noch vor der Viererkette im Mittelfeld. Stattdessen hüpften heute Youngster der A-Klasse vor dem irritierten Gunnar herum, wenn das mal gut geht, dachte man sich. Chancen gab es in der 1. Hälfte kaum, nur ein Hochkaräter bei uns, als Torsten Jülich mal wieder in die oft kritisierte Rückenlage beim Torschuss geriet, aus 7 Metern schaffte es der erfahrene Defensivmann nicht, den Ball im Tor unterzukriegen. Drüben hatte „Verräter“ Kujat eine gute Möglichkeit, aber es blieb torlos bis zur Pause.

Alex kämpfte sich bis zur Bockwursttheke durch, während manch anderer sein Pausengetränk zu verzehren suchte. Die Bowu (Note 2) kam fünf Minuten nach Wiederanpfiff – aber da war es für uns schon zu spät. Es hatte eingeschlagen im VfB-Tor, ein kurzer Paß von halbrechts sah Sachsenspieler Hänsel links am Torpfosten völlig frei, und der Rest ist nun schon Geschichte.

Es folgte grünweißer Dauerjubel, und auch deren Kicker drehten jetzt richtig auf, während von unseren Spielern keiner mehr ein fußballspielendes Bein auf den Rasen bekam. Das neu zusammen- und eingestellte Team von Trainer Schößler fiel in seine Bestandteile auseinander, jeder kämpfte fortan für sich an der sichtbaren grünweißen Front. Der Clou: Nachdem man sich dank diverser Schlafeinlagen der überforderten Abwehr (Null Entlastung dank nicht vorhandenem Mittelfeld!) auch noch das 0:2 und 0:3 eingefangen hatte, wechselte unser Trainer doch tatsächlich noch Jörn Lenz ein – fünf Minuten vor Spielende. Der Rest der Zeit im Bruno vor der tollen Kulisse von fast 7.500 Besuchern ist schnell abgehandelt, außer den Jubelszenen nach dem Schlusspfiff bei unseren „grünweißen Freunden“ passierte nichts Nennenswertes mehr.

Die enorme Polizeipräsenz sorgte für einen fast reibungslosen Abgang der Besucher, nur am alten Bushof gab es vereinzelte Laufereien, die Cops waren aber allseits schnell um Lückenschließung und Schadensbegrenzung bemüht.

 

Fazit: Nichts gegen einen Neuanfang – aber waghalsige Experimente in einer Abwehrformation bei einem derartig bedeutsamen Spiel grenzt schon an vereinsschädigendes Verhalten! Das Team fand zu keiner Zeit zu einem irgendwie geordneten Spielaufbau, und das trotz eines übernervösen Gastes in der 1. Spielhälfte. Die Leutzscher erkannten dank ihres Trainerdialektikums Raab die Gunst der Stunde und schlugen in der 2. Halbzeit dreimal erbarmungslos zu. Die jüngst festgestellten konditionellen Defizite unserer VfB-Mannschaft, unter Ex-Trainer Dixie D. geduldet, gaben zudem einer Aufholjagd nie eine Chance.

Mit dem Titel „Nummer 2 in Leipzig“ müssen wir uns für diese Saison abfinden, das hat sich unsere Profikicker-Abteilung „redlich verdient“!

Reini

 

Bruno-Plache-Stadion Leipzig-Probstheida:  7.334 Zuschauer

0:1 Hänsel (49.), 0:2 Bergner (62.), 0:3 Kujat (84.)

 

Fotos vom Spiel